Langenecks Welt

Was würde Jesus tun?

Predigt zu 1. Petrus 3, 8-15 in der Großbettlinger Andreaskirche

I. Was würde Jesus tun?

Es gibt Menschen, die tragen ein Band am Armgelenk, auf dem die Buchstaben W W. J. D. zu lesen sind.
Sie stehen für die Frage: »What would Jesus do?« »Was würde Jesus tun?«

Wir Christen werden beobachtet.
Stimmen Anspruch und Verhalten bei uns überein?
Wie gehen wir mit Kollegen um, die rücksichtslos sind?
Wie mit einem Chef, der es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt?
Wie mit unfreundlichen Nachbarn?
Sollen wir schlucken und schweigen oder reden und widerstehen?

Noch schwieriger vielleicht:
Wie begegnen wir der Schwester, die schlecht über andere Geschwister redet?
Wie dem Bruder, der im Hauskreis alles kritisch kommentiert?
Wie verhalten wir uns angemessen?

Wen solche Fragen bewegen, wird bei Petrus fündig.
Der Apostel legt, was er für das Verhalten der Christen bei Jesus Christus lernte, seiner Gemeinde als Bitte vor und als Haltung nahe.
Grundlage meiner Überlegungen ist der Text aus aus der Basisbibel:
1. Brief des Petrus, Kapitel 3 die Verse 8-15

II. Geschwisterliche Haltung

Petrus sagt, wie die den Christen gebotene Nächstenliebe praktisch wird.
»Schließlich bitte ich euch: Seid untereinander einig, mitfühlend, voll Liebe den anderen
Brüdern und Schwestern gegenüber, barmherzig und bescheiden.«
Er spricht an, was das Miteinander der Menschen schön macht.

Petrus bittet.
Er weiß: Mit Druck sind Herzen nicht zu gewinnen.
Der moralische Zeigefinger hilft auch nicht weiter.
Eine freundliche Bitte wird gehört – und wirkt nachhaltig.
Davon war er überzeugt.

»Seid untereinander einig.«
Der Apostel weiß, dass Christen nicht in allem gleich denken und entscheiden.
Im Jüngerkreis hatte er es erlebt und wohl auch darunter gelitten.
Aber genau da erlebte er auch, wie wichtig es ist, dass Christen sich bei Meinungsverschiedenheiten aushalten und aneinander festhalten, auch wenn sie uneins sind.

So hatte es auch Jesus getan.
Spannungen und Meinungsverschiedenheiten gehören zu jeder Gruppe.
Angefangen in unseren Familien und natürlich auch in unserer Gemeinde.

Streit, wenn er sachlich geführt wird, ist nicht schlecht.
Wenn er um die Wahrheit des Evangeliums geführt wird, ist er sogar nötig!

Doch wann wird in der Gemeinde um die Wahrheit des Evangeliums gestritten?
Meistens geht es um Gewohnheiten und Frage des Geschmacks, um Macht und Anerkennung.
Also um ganz und gar menschliches.

Schlimm ist Streit, wenn Personen und Gruppen sich so zerstreiten, dass sie nicht mehr miteinander reden und sich am Ende gar gegenseitig verurteilen.
Wenn Christen sich zerstreiten und trennen, triumphiert der Durcheinanderbringer.
Darum bittet Petrus: »Seid untereinander einig.«

Zusätzlich bittet er: »Seid mitfühlend.«
Nehmt teil an dem, was den Andern freut und belastet.
Denkt euch in die Situation hinein, in der sich die Schwester oder der Bruder befindet.
Dann könnt ihr sie verstehen.
Vielleicht wird uns das nicht bei jedem – bei jeder möglich sein.
Manche sind uns aufs Herz gelegt oder in den Weg gestellt.
Wir wisst doch meist, was sie brauchen!
Petrus legt uns gegenseitig ans Herz: »Seid mitfühlend.«

»Seid voll Liebe den anderen Brüdern und Schwestern gegenüber.«
Wir Christen sind einander geschwisterlich verbunden.
Wir sind durch die Taufe Kinder des einen Vaters im Himmel. Deshalb stehen wir uns so nah, wie natürliche Geschwister, vielleicht sogar näher.

Natürlich suchen wir uns unsere Geschwister nicht aus.
Wir bekommt sie ohne eigene Entscheidung.
Wir habe sie einfach.
Und Geschwister können höchst unterschiedlich sein.

Und manche davon sind eine echte Herausforderung.
Umso mehr wirbt der Apostel um herzliche Verbundenheit untereinander.
Er bittet, Geschwister geschwisterlich wertzuschätzen: »Seid voll Liebe den anderen Brüdern und Schwestern gegenüber.«

»Seid barmherzig und bescheiden.«
In der Originalsprache benutzt der Apostel für »barmherzig« ein Wort, das stärkste Gefühle ausdrückt.
Es wird in den Evangelien gebraucht, wenn von Jesu Erbarmen mit erbärmlichen Gestalten die Rede ist.
Luther übersetzte das Verb mit »es jammerte ihn«.
»Als Jesus das Volk sah, jammerte es ihn, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben.« (Matthäus 9,36.)
Petrus geht es also um mehr, als »nur« füreinander Verständnis zu zeigen.
Es geht um das Mitgefühl, um die Anteilnahme.
So, wie es Jesus vorgelebt hat.
Ganz uneigennützig, ohne die eigenen Vor- oder Nachteile im Blick zu haben.
»Seid barmherzig und bescheiden.«

III. Freundliche Haltung

Für Paulus gehört das zum Leben in der Nachfolge Jesu.
Und deshalb mühen sich Christen um ein friedliches, hilfsbereites, gutes Miteinander aller Menschen.
Sie werben um Verständnis und Versöhnung.
Sie treten für Gerechtigkeit und Respekt ein.
Sie durchbrechen die Spirale von Hass und Gewalt, indem sie sich nicht darauf einlassen.
Sie bleiben der Wahrheit treu.

»Zahlt Böses nicht mit Bösem heim oder eine Beleidigung mit einer Beleidigung. Stattdessen sollt ihr segnen. Denn Gott hat euch dazu berufen, seinen Segen zu empfangen. Wer sich am Leben freuen und gute Tage sehen will, soll seine Zunge hüten. Nichts Böses darf aus seinem Mund kommen und keine Lüge über seine Lippen. Er soll sich vom Bösen abwenden und Gutes tun. Frieden soll er suchen und sich dafür einsetzen.«

Seien wir ehrlich:
Das ist leicht gesagt, aber schwer getan.
Wenn uns jemand Böses will und immer wieder provoziert.
Wenn jemand keine Skrupel kennt und wir unter Schikanen leiden, dann fällt es schwer nicht mit gleicher Münze heimzuzahlen.
Petrus kennt das und weiß, wie leicht wir in alte Reaktionsmuster zurückfallen.
Aber geht er noch einen Schritt weiter:
»Christen, sagt er, spielen die bösen Spiele von Verleumdung und Beleidigungen, von Hass und anderem Bösem unter Menschen nicht mit. Sie tun alles, um den Streit zu entschärfen. Und sie segnen. Als Gesegnete sind sie berufen zu segnen.«

Spätestens jetzt ist deutlich:
Weil Christen von Jesu Geist geprägt sind, widerstehen sie mit geistlichen Mitteln.
Sie führen Auseinandersetzungen auf einer gänzlich anderen Ebene, nämlich der geistlichen.
Ohne Gebet und die Bitte um den Geist Jesu werden wir sie nicht führen können.

Der Apostel widmet dem Reden besondere Aufmerksamkeit.
Wir wissen:
Worte können aufrichten und trösten, ermutigen und helfen.
Worte stiften Frieden oder Unfrieden.
Worte bringen Menschen zusammen und auseinander.
Worte können schärfer und verletzender als Waffen sein.
Wie viele Worte blieben besser ungesagt!
Auch in der Gemeinde.

Petrus bittet:
»Redet miteinander, nicht übereinander.
Kocht nicht in der allgemeinen Gerüchteküche mit.
Seid verschwiegen, aber redet im rechten Moment.
Liebt die Wahrheit und verabscheut die Lüge.
Prüft euer Reden!«

Das Wort der Wahrheit, das Evangelium ist uns anvertraut.
Deshalb muss uns die Wahrheit am Herzen liegen.
Unsere Glaubwürdigkeit als Zeugen des Evangeliums hängt daran, wie wir es mit der Wahrheit halten.
Und nur aus freundlicher Haltung heraus können wir das Evangelium so weitergeben, dass es gehört und angenommen wird.

IV. Angstfreie Haltung

Die vom Apostel erbetene Haltung der Christen wird von anderen nicht immer gewürdigt.
Im Gegenteil.
Obwohl Christen sich gut verhalten und anderen freundlich begegnen, erfahren sie Hass, Nachteile, Verfolgung.
Petrus ist nüchtern.
Die Gemeinden, denen Petrus schreibt, erleben es.
Ihr gutes Verhalten wird nicht nur mit gutem Verhalten beantwortet.

Petrus öffnet seinen Gemeinden eine geistliche Sicht auf ihre Schwierigkeiten und ihr Leiden.
Er sagt:
»Glückselig seid ihr, auch wenn ihr für die Gerechtigkeit leiden müsst. Fürchtet euch nicht vor den Drohungen der Menschen und lasst euch nicht erschrecken. Macht vielmehr in eurem Leben deutlich, dass der Herr, Christus, heilig ist.«
Und er fügt hinzu:
»Verhaltet euch stets so, dass ihr euch nichts vorwerfen lassen müsst.«

Was der Apostel da sagt, ist uns fremd und fern.
Leiden um des Glaubens willen ist uns fremd und fern.
Dennoch wollen wir hören, was der Apostel zu den bedrängten Gemeinden sagt.
Er sagt ihnen zu, dass Jesus Christus ihnen gerade in ihrer Bedrängnis ganz nahe ist.
Ja, sie sollen es als Auszeichnung ansehen, wie ihr Herr zu leiden.

Zuletzt ermutigt Petrus seine Gemeinden, jederzeit von der Hoffnung zu reden, die sie im Leben hält und trägt.
»Seid jederzeit bereit, Rechenschaft abzulegen über die Hoffnung, von der ihr erfüllt seid. Denn immer wieder wird man euch auffordern, dafür Rede und Antwort zu stehen.«
Eine Hoffnung trotz Krieg in der Ukraine, in Somalia,
Eine Hoffnung trotz des Flüchtlingselends.
Eine Hoffnung für unsere Welt in der Klimakriese.
Eine Hoffnung für die verfolgten Christen im Iran, in China, Nordkorea, Indien.
Eine Hoffnung auf das Reich Gottes und nicht Angst vor der Apokalypse.
Jederzeit meint nicht immer.
Doch immer, wenn Gelegenheit ist.

Petrus setzt voraus, dass unser Verhalten als Christen andere neugierig macht – und dass wir fähig sind, angstfrei von unsrer Hoffnung und unsrem Glauben Rechenschaft zu geben, wenn wir daraufhin befragt werden.

V. Christen: Ein Segen für die Welt

What would Jesus do?
Zu unsrer Christusnachfolge gehört ein Verhalten, das sich an Gottes Wort und Jesus Christus orientiert.
Scheitern und Schuld sind nicht ausgeschlossen.
Oft bleiben wir auch hinter unseren Idealen und Vorsätzen zurück.
Wir bleiben unserem Herrn und den Menschen manches schuldig.

Wenn aber Christus die Mitte ist, dann ist die Vergebung nah und wahr.
Vergebung, die aufrichtet und ermutigt, versöhnt und verbindet.
Erlebte und gelebte Vergebung sind mitunter das stärkste Zeugnis des Glaubens.

Liebe Geschwister,
wenn wir geschwisterlich zusammenstehen,
wenn wir freundlich auf andre zugehen,
wenn wir angstfrei für das Evangelium einstehen,
dann sind wir für unsre Gemeinde, unsre Gesellschaft,
ja, für diese Welt ein Segen.  
Amen.

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