Langenecks Welt

Gott sehen Predigt zu 2. Mose 33, 18-23

Predigt vom 15.01.2023 in Frickenhausen

Manchmal wünsche ich mir, dass Gott sich mir zeigen würde. 

Natürlich weiß ich, dass man Gott nicht sehen kann. 
Doch es gehört zu meinen größten Sehnsüchten:. 

  • Wenn ich in im Glauben wanke.
  • Wenn ich mich mit meinem Kollegen über Gott streite. 
  • Wenn ich denke, dass, wenn er sich nur zeigen würde, die Welt um einiges besser sein würde. 
  • Wenn ich Leid begegne. 
  • Wenn ich Angst habe. 
  • Wenn ich mir nicht sicher bin, ob mein von mir gemachtes Bild von Gott auch das richtige ist. 

In der Bibel, im ersten Testament (2. Mose 33, 18-23), finden wir eine entsprechende Geschichte.

Für mich ist diese Erzählung eine der intensivsten Geschichten in der Bibel und ich verstehe den Wunsch des Mose durchaus, dass er Gott sehen will. 

Aber der Zeitpunkt ist wirklich ungünstig gewählt. 
Gerade war ja erst die Sache mit dem goldenen Kalb passiert.  

Ihr erinnert euch? 

Die Sache mit dem goldenen Kalb

Das Gottesvolk wandert durch die Wüste und erreicht den Heiligen Berg Sinai. Mose steigt auf diesen Berg, um sich von Gott die Gebotstafeln abzuholen. Mose bleibt lange, zu lange auf dem Berg.  Da beginnt das Volk zu meutern. Sie fühlen sich verlassen von ihrem Führer und von Gott. Weder Mose noch Gott sind zu sehen. Darum machen sie sich jetzt selber wieder ihre Götter – allen voran das bekannte Goldene Kalb. 

Mose war ziemlich sauer, als er vom Berg herunterkam. Deshalb zerschmetterte er die Tafeln mit den Zehn Geboten am nächstbesten Felsen. Und Gott war auch ziemlich sauer und sagte: „Für euren weiteren Weg durch die Wüste sende ich meinen Engel vor euch her. Aber ich selber komme nicht mehr mit. Es könnte sonst sein, dass ich mich unterwegs vor Zorn vergesse.“ 
Mose hatte es dann aber irgendwie doch geschafft, Gott zu besänftigen. Er schaffte es sogar ihn zu überzeugen, dass er doch mitkommt. 

Kehrt Gott der Welt den Rücken zu?

Und kaum sagt Gott: Ja, ich komme mit, da kommt Mose mit dieser dreisten Bitte: „Aber ich will dich sehen. Ich will deine Herrlichkeit sehen. Zeig mir dein Gesicht. Ich will endlich wissen, mit wem ich es zu tun habe.“ Und was antwortet Gott? „Kein Mensch kann mich sehen und dabei am Leben bleiben. Mose, du kannst mich mal … von hinten… sehen, wenn ich an dir vorübergehe.“ Hat Gott ein Hinten? 

Manchmal habe ich den Eindruck, dass Gott dieser Welt den Rücken zukehrt. Als ging es ihn einen feuchten Kehricht an, was in dieser Welt so passiert. 

Ich höre ja so manches aus Familien, und das gibt es ja wirklich alles: Hass, Gewalt, Missbrauch, Mord. 

Ich sehe diese ganzen selbstgerechten Diktatoren. Ich sehe den Krieg in der Ukraine. Den Hunger in der Welt. Und nicht zuletzt und immer noch diese bekloppte Pandemie. Dreht Gott dieser Welt den Rücken zu? 

Gottes unbegreifliche Seite

Ich glaube:
Gott hat eine unbegreifliche Seite. Er ist eben nicht nur der liebe Gott, dieses zahnlose Großväterchen auf der Wolke. Gott ist immer auch unbegreiflich. 

Ein Theologe sagte,
Gott ist der ganze Andere, immer. Wir werden ihn nie ganz erfassen können. 

Sieht Mose also die unbegreifliche Seite Gottes? Oder was meint das, wenn er Gott von hinten sieht, obwohl wo er doch Gottes Herrlichkeit sehen wollte? 

Die Raum Zeit Koordinate

Diese Geschichte ist, wie das ganze Alte Testament, in Hebräisch geschrieben. Und mit dem Hinten ist das im Hebräischen so eine Sache.  Die Raum-Zeit-Koordinate ist sprachlich nämlich genau umgekehrt zur unseren. 

Also wir sagen: Das alte Jahr liegt hinter uns, ein neues Jahr liegt vor uns. Die Vergangenheit ist hinten, die Zukunft ist vorne. 
Das ist für uns sprachlich vollkommen klar. Und genau das ist im Hebräischen genau umgekehrt. 

Die Vergangenheit kennen wir, die liegt uns vor Augen, die sehen wir vor uns. Aber die Zukunft, die können wir noch nicht sehen, die ist hinter uns und schaut uns vielleicht schon über die Schulter. 

Die Ankündigung: „Du wirst mein Hinten sehen“, könnte also bedeuten. Du wirst mich in Zukunft sehen. Du wirst hinterher erkennen, im Rückblick, wo ich gewesen bin, wo meine Herrlichkeit war. 

Feiert das Leben

„Wir haben seine Herrlichkeit gesehen.“, so schreibt Johannes am Anfang seines Evangeliums. In Jesus, sagt er, hat Gott seine Herrlichkeit gezeigt, hat er sein Gesicht gezeigt, und wir haben es erst hinterher richtig verstanden. 
Und dann erzählt er das erste Wunder, das Jesus tat. Auf der Hochzeit zu Kanaa verwandelt er Wasser in Wein. Wo Jesus ist, da wird das Leben zum Fest. Und dieses Fest endet nicht. Das Leben ist wunderbar. Feiert es, sagt Jesus. 
Und dann geht er zu denen mit den kleinen Herzen und den dunklen Geheimnissen. Zu den Zöllnern und den anderen Außenseitern. Er geht zu allen. Und er lädt sie zum Essen ein und feiert mit ihnen. Er macht ihr Leben für einen Moment zu einem Fest. 
Deshalb können die Menschen hinterher sagen: „Ich glaube, ich habe Gottes Herrlichkeit gesehen“.
Und genau so war es schon bei Mose. Gott sagt dort: „Ich werde meinen Namen ausrufen. Und dieser Name lautet: Ich bin barmherzig, auch zu dir.“ 

Und dann sagt er zu Mose: 
Da ist ein Ort bei mir. Eine Felsspalte. Birg dich dort. Und wenn ich an dir vorübergehe, halte ich meine Hand über dir. 

Ich mag diesen Gott.

Ich mag diesen Gott. Ja, er ist unbegreiflich und manchmal scheint er wirklich dieser Welt seinen Rücken zuzuwenden. Aber dann kommt er plötzlich in unser Leben, und sagt zu mir, sagt zu dir: Hej, da ist ein Ort bei mir, ein Zufluchtsort. Birg dich bei mir, kuschle dich ein. Und ich halte meine Hand über dir, Und ich pass auf dich auf, komme was wolle. 

Mensch vergiss nicht:  
Du bist wertvoll, so wie du bist. 
Und das Leben ist ein Fest. 
Feier es. 
Und leuchte und strahle. 
Und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über uns. 
Amen. 

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