Langenecks Welt

Wir aber predigen Christus, den Gekreuzigten – Predigt zu 1. Korinther 1, 18-25

Gottesdienst in Neckartenzlingen am 04. Juli 2021 – Predigttext: 1. Korinther 1, 18-25

Wir aber predigen Christrus, den Gekeuzigten.

Lutherbibel 2017, 1. Korinther 1, 23

Dieser Satz ist eine Kampfansage.
Ein gekreuzigter Gesalbter Gottes, ein gekreuzigter Christus.

Damit widerspricht Paulus allen Träumen, allen Träumen der Religion von Stärke und Überlegenheit.
Er sagt auch ganz deutlich: Das Wort vom Kreuz ist für die einen eine Torheit, Unfug und für die anderen ist es schlichtweg dumm.

Wir aber predigen Christrus, den Gekeuzigten.

Lutherbibel 2017, 1. Korinther 1, 23
  • ein Skandal für die Frommen in Israel
  • ein Unsinn für die Griechen

Was meint Paulus damit?
Was ist das, dieses Wort vom Kreuz?
Und warum wird ihm so heftig widersprochen?

Der Traum von der Stärke

Da ist zuerst der Traum von der Stärke. Jedes Kind träumt ihn. In Israel wird gesagt: „Wir sind schwach und unterlegen, aber Gott kann alles. Der Messias, der wird alles gut machen. Der wird alles richten. Der wird mit gewaltiger Hand dreinschlagen und uns zu unserem Recht verhelfen.“

Jesus und Paulus legen hier Widerspruch ein.
Als Jesus seinen Jüngern sagte: „Mein Weg führt ans Kreuz“(Mt 16, 21-26), da ruft Paulus ganz ohne Nachdenken und aus vollem Herzen: „Nein, oh, nein, das darf auf keinen Fall passieren. Gott bewahre dich davor!“ Aber Jesus dreht sich um zu Petrus und sagt: „Weiche von mir Satan. Du denkst so wie die Menschen denken und nicht wie Gott denkt.
Bei den Freunden Jesu selbst fängt es also an: Sie möchten ihn – verständlicherweise – gern stark und mächtig sehen. Darum verstehen sie Jesus nicht, wenn er sagt: „Ich werde leiden. Und das ist gut so.“

Paulus sagt in seiner Sprache:

Wir aber predigen Christrus, den Gekeuzigten.

Lutherbibel 2017, 1. Korinther 1, 23

Die Geschichte vom Leid

Wir müssen uns die Geschichte, die Leidensgeschichte Jesu, noch einmal genauer anschauen.
Matthäus erzählt von der Kreuzigung Jesu:
Alle kommen und schauen zu, wie Jesus da hängt, hilflos und verlassen, seinen Peinigern ausgeliefert.
Jetzt spotten sie.

Im Spott sind sie sich einig, die Priester und Soldaten: „Anderen hast du geholfen. Jetzt hilf dir selber. Dann wollen wir auch glauben. Wenn du der Messias, der Gesalbte Gottes bist, dann steig herab vom Kreuz! (Mt 27, 40ff)“
Sie glauben, einer, der Gott auf seiner Seite hat, der kann nicht am Kreuz hängen.
Wer Gott auf seiner Seite hat, der kann nicht leiden, der muss nicht leiden.
Wer Gott auf seiner Seite hat, der muss stark und mächtig sein.
So denken sie.
Und sie sind sich einig im Auslachen. Sie sind sich einig im Spott über den Jesus, der am Kreuz hängt.

Wir lachen Jesus heute so nicht aus. Aber auf den Glauben, dass es den frommen Menschen gut gehen muss, auf den fallen viele immer wieder herein. Außerhalb und auch innerhalb der Kirche.

Einer, der am Kreuz hängt, hat ausgespielt. Da hat Gott nichts zu suchen.

Einer , der sich nicht durch Machtzeichen ausweisen kann, der komme nicht von Gott.

Deshalb ist das Kreuz Jesu – und das Wort vom Kreuz – ein Skandal für viele.

Und da ist die Angst. Niemand möchte der Dumme sein. Deshalb wird zur Zeit des Paulus bei den gebildeten Griechen nach Weisheit gefragt. Diese beschäftigen sich damit, wie man das Leben durch Klugheit, durch gute Gedanken so einrichten kann, dass man immer wieder gut wegkommt. Eben so, dass man auf keinen Fall der Dumme ist.

Weisheit, sie soll frei machen von der Welt und ihren Zwängen.
Diese Sehnsucht nach der Weisheit, die den Hintergrund versteht, diese Lust auf geheimes Wissen, das Menschen zu Überlegenen machen soll, auch die feiert heute fröhliche Wiederkehr. Und wer daran glaubt, an das Wissen und die Weisheit und die Wahrheit und die Macht, der kann nur lachen, wenn Paulus sagt:

Wir aber predigen Christrus, den Gekeuzigten.

Lutherbibel 2017, 1. Korinther 1, 23

Das Wort vom Kreuz

Das Wort vom Kreuz, das heißt:
Erzählen und Reden von einem Menschen Gottes, der selber schwach und unterlegen ist und der am Kreuz jämmerlich verreckt.
Das Wort vom Kreuz ist ein Skandal für die Frommen und ein Unsinn für die Klugen – zur Zeit des Paulus bei den Juden und den Griechen.
Bei uns ist das nicht anders. Wir müssen uns da nichts vormachen.

Wenn ich genauer hinhöre, dann merke ich: Diese Botschaft vom Kreuz – sie widerspricht auch mir selbst.
Ich habe keinen Grund über Menschen zu lächeln, diWir aber predigen Christrus, den Gekeuzigten.e über den Gekreuzigten Christus den Kopf schütteln.

Ich habe selber etwas in mir:
– von den Menschen, die Stärke und Macht-Beweise fordern und endlich etwas von der Macht Gottes sehen wollen.
– und von den Menschen, die nach überlegener Weisheit suchen.

Paulus schreibt:

Denn die göttliche Torheit ist weiser, als die Menschen sind und die göttliche Schwachheit ist stärker, als die Menschen sind.

Lutherbibel 2017, 1. Korinther 1, 25

Das ist ein starker Satz.

Aber ist der auch wahr?
Da stirbt jemand unter Schmerzen – viel zu jung.
Und wir fragen: Wo ist da Gott? Warum sehe ich nichts von ihm?
Und auf einmal geht es mir wie denen, die Paulus Juden und Griechen nennt. Man müsste doch etwas von Gottes Nähe merken. Es müsste doch etwas sichtbar werden. Stärke oder wenigstens ein Sinn.
Und wir, wir sehen nichts.
Paulus aber weist auf den gekreuzigten Jesus.

Kann das sein?
Ist Gott da, wo wir es uns nicht vorstellen können?
Ist Gott auch gerade dort, wo wir nicht weiter sehen?

Matthäus erzählt weiter: Jesus aber schrie laut auf und rief:

Eli, Eli, lama asabtani? … Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Lutherbibel 2017, Matthäus 27, 46

Am Kreuz betet er den 22. Psalm, der mit diesen Worten beginnt.
Am Kreuz schreit Jesus nach Gott.

Jesus stirbt, wie er gelebt hat: mit dem Gotteswort auf den Lippen.
Jesus stirb im verzweifeltem Vertrauen, dass Gott allein Hilfe ist im Leben und im Sterben.
Jesus ruft nach Gott und glaubt an Gott. Auch da, wo niemand mehr etwas sieht. Wo Gottes Nähe nicht mehr erfahren werden kann und nicht mehr spürbar ist.

Das Wort vom Kreuz, das sagt:
Gott war bei diesem Jesus. Er hat ihn nicht verlassen, dort in der Nacht des Leidens. Im „Nicht-mehr-Können“ und im „Nicht-mehr-verstehen“, da ist Gott da.

So zeigt Jesus uns einen anderen Gott. Nicht einen Gott der Überlegenen und Starken.
Nicht einen Gott der Macht und Weisheit und der Religiosistät.
Nicht den Gott einer Kirche, die großen Einfluss hat und andere ausschließt.

An Jesus sehen wir den Gott, der da ist bei den Leidenden und Schwachen, so wie bei Jesus am Kreuz.
Deshalb ist der Gekreuzigte der Retter, der Heiland.

Erzählen von Gott

Und nun müssen wir anfangen zu Erzählen von diesem Jesus. Seinem Weg.

Jesus hat nicht Gottlose fromm gemacht.
Er ist zu ihnen gegangen und hat gesagt: „Gott hat euch lieb. Kommt, esst mit mir. Folget mir nach“.
So sind im Jüngerkreis Jesu auch Zöllner und Sünder zu finden.

Jesus hat nicht gesagt: „Wir helfen nur unseren Freunden.“
Er erzählt von dem Fremden, der da hilft, wo Priester und Levit wegschauen und nicht helfen.

Es gibt unendlich viel zu erzählen, was die einen fröhlich und die anderen ärgerlich gemacht hat.
Die Ärgerlichen, die haben Jesus ans Kreuz gebracht.
Aber er hat sich nicht gerettet.
Und er vertraut nicht der Stärke.
Er sagt im Garten Gethsemane eindeutig:

Wer das Schwert nimmt, der soll durch das Schwert umkommen

Lutherbibel 2017, Matthäus 26,52

In dem, was es da von Jesu törichter Liebe und von seiner liebenden Schwäche zu erzählen gab, da fange ich an, ein wenig zu begreifen, warum das Wort von dem gekreuzigten Christus ein Glück ist.
Und ich fange an, ein wenig zu ahnen, was Paulus meint, wenn er schreibt:

Denn die göttliche Torheit ist weiser, als die Menschen sind und die göttliche Schwachheit ist stärker, als die Menschen sind.

Wir aber predigen Christrus, den Gekeuzigten.

Lutherbibel 2017, 1. Korinther 1, 25+23

So schreibt Paulus.

An diesem Wort vom Kreuz wird sich eine christliche Gemeinde und ihr Tun und Lassen messen lassen.
Gott ist auf der Seite der Opfer und der Schwachen.
Die Liebe, mit der Jesus gelebt hat und gestorben ist, die zählt allein.

So kann die Predigt vom Kreuz Jesu zur Gotteskraft werden, zur Kraft für die Schwachen.

Auch zur Kraft für uns.

Amen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert