Die kleine Miriam liegt im Bett und kann nicht schlafen. Ihr Garli ist nicht da.
Diese Stoffpuppe, die sie seit der Geburt begleitet. Heiß geliebt, das ist dem Garli auch anzusehen.
Doch nun ist er weg. Miriam kann ohne ihren Garli im Arm nicht einschlafen. Sie fängt an zu weinen obwohl Papa am Bett sitzt und sie zu trösten versucht.
…
Endlich wird der Vater fündig: Unter dem Küchentisch. Dort hat ihn Miriam nach dem Abendessen liegen gelassen.
Überglücklich nimmt Miriam den Garli in den Arm. Ein letzter Schluchtzer und dann kann sie endlich überglücklich einschlafen.
….
Getragen vom guten Hirten, können wir auf jeden neuen Tag hoffen.
In der Gewissheit, dass Gott uns sucht, wenn wir verloren gehen, können wir beruhigt schlafen. Beruhigt am Abend ein, so wie Miriam, als sie ihren Garli im Arm halten konnte.
Es ist eine der Nächte, die man nicht vergisst. Ich stelle mir eine laue Sommernacht vor. Zwei Freunde sitzen zusammen auf der Terrasse hinter dem Haus. Jeder mit einem Glas Rotwein vor sich auf dem Tisch. Sanft streicht der Wind durch die Zweige. Der Mond wirft sein silbernes Licht auf die Welt. Am Himmel glänzen die Sterne.
Die beiden Männer reden. Je später die Stunde, umso größer werden die Dinge, über die sie sprechen. Es sind die Dinge hinter den Dingen, die sie ergründen wollen: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Wie kommt Leben in mein Leben?
Die großen Themen, die großen Fragen des Lebens, brauchen manchmal die Nacht, um ans Licht zu kommen.
Puh … da muss ich mich beim predigen glatt zusammenreißen: Denn da könnte ich so richtig in Fahrt kommen. Denn was Hesekiel vor zweieinhalbtausend Jahren geschrieben hat, könnte man durchaus auch heute bestimmten Personengruppen unserer Gesellschaft vorhalten. Unfähige oder korrupte Politiker. Wirtschaftsbosse, die Unternehmen an die Wand fahren, und denen das alles egal ist, Hauptsache sie haben ihre Millionengage schon mal vor dem Zugriff der Gläubiger und des Staats in Sicherheit gebracht. Internatsleiter, die genau wissen, dass einige Lehrer die ihnen anvertrauten Schüler misshandeln und missbrauchen, aber nichts dagegen tun, um dem Ansehen des Hauses nicht zu schaden.
Ein Buch mit sieben Siegeln.
Ein Buch, das Antworten enthält. Antworten auf die drängenden Fragen nach dem Sinn,
nach der Verantwortung,
nach der Schuld,
nach der Zukunft. Aber noch ist es versiegelt, dieses Buch, von dem Johannes träumt.
Alles, was passiert ist und was kommt, ist darin aufgeschrieben und Gott hält es in der Hand. Was mag darin stehen?
Was soll man auch sagen beim Tod? Wenn Trauernde ans Grab treten, finden sie kaum Worte. Als Jesus starb, waren seine Vertraute erschüttert und sprachlos. Sie konnten nicht begreifen, was geschehen war. Noch konnten sie ausdrücken, was sie empfanden. Auch nicht gleich nach Ostern.
So waren sie heilfroh, als sie sich an ein Lied erinnerten, das sie aus ihrer Sprachlosigkeit heraus holte. Ein Lied, überliefert im Buch Jesaja. Es gab wieder was sie fühlten. Es kleidete in Worte, was sie selbst nicht sagen konnten. Es war so nahe am Geschehen auf Golgatha, dass sie die Worte nachsprachen, wieder und wieder. Bis diese Worte eng mit der Passion Jesu verknüpft waren.