Langenecks Welt

Jesus begegnet zwei Jüngern auf dem Weg nach Emmaus

Predigt am 10.04.2023 zu Lukas 24.13-35 in der Schlaitdorfer St. Wendelin-Kirche

I. Der Weg ist weit

»Der Herr ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden! Halleluja!«

So grüßen sich seit alter Zeit Christen am Ostermorgen – und vielleicht sogar noch am Ostermontagmorgen?
Haben Sie sich so begrüßt, gestern oder heute?
Oder früher mal?

Es ist ein Ausruf voller Begeisterung: »Ja wirklich, Jesus lebt!
Er ist tatsächlich auferstanden und ist auch heute bei uns!

Wenn das kein Grund zum Feiern ist – Halleluja!«

Diese österliche Begeisterung – sie ist in unseren Gemeinden heutzutage manchmal etwas gedämpft.
»Ja, schon, aber es geht ja morgen doch alles so weiter wie bisher …
Und wir haben’s ja schon so oft gehört …«

Dieser begeisterte Ostergruß kommt auch im Evangelium vor, das wir eben gehört haben. Allerdings erst ziemlich am Schluss.
Und der Weg dahin ist weit.

II. Die Hoffnung ist tot

Der Karfreitag bestimmt die Gedanken der Jünger Jesu, die wir auf ihrem Weg begleiten. Jesus, auf den sie so viele Hoffnungen gesetzt hatten, ist tot.
Ostern ist weit weg für sie.
Verrückte Geschichten von einem leeren Grab machen es nur noch schlimmer.
Wir sehen, wie sie mit hängenden Köpfen auf der staubigen Straße unterwegs sind und sich gegenseitig ihr Leid klagen.

Irgendwann gesellt sich ein Fremder zu ihnen – wir wissen schon: Das ist Jesus!
Der stellt auch noch komische Fragen.
Das mit Jesus, das war doch das Stadtgespräch – und dieser Typ weiß nichts davon?
Traurig und genervt antwortet Kleopas dem Fremden schließlich.
Und es ist spannend, wie er Jesus beschreibt:

Er war »ein Prophet, mächtig in Tat und Wort vor Gott und allem Volk«.
Vom Sohn Gottes ist da nicht die Rede, aber als Prophet handelte er im Namen Gottes.
Und er war mächtig!
Und dieser mächtige Prophet wurde einfach verurteilt und gekreuzigt.
Das Schlimmste aber ist: »Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde.«

Mit ihm sollte alles anders werden.
Keine römischen Besatzer mehr.
Keine Ungerechtigkeit, kein Leid.
Deshalb ist die Enttäuschung so groß! .
Nicht nur Jesus ist tot.
Auch die Hoffnung ist tot.
Und die stirbt ja bekanntlich zuletzt.

Und dann gibt es nichts mehr zu sagen.

III. O ihr Toren!

Doch in die Stille hinein hören wir den Fremden plötzlich poltern, schimpfen, stöhnen:
»O ihr Toren!«

»Wie begriffsstutzig kann man sein?
Was habt ihr eigentlich gelernt?«

Und er erklärt ihnen, dass das alles so kommen musste.
Dass die Prophetenworte und viele andere biblische Texte schon darauf hinweisen.

Ich stelle mir vor, dass die beiden Jünger erstmal ziemlich verdattert und ärgerlich waren.
Da kommt so ein Kerl und nennt sie Toren – also Dummköpfe?
Unglaublich!
Doch immerhin hören sie weiter zu.

Aus dem Ärger wird Staunen.
Sie sehen die alten Texte jetzt mit neuen Augen.
Das Wort des Propheten Jesaja zum Beispiel:

»Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen.
Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre.
Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen.
Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.«

Jesaja 53,4.5.

Sie sehen den Weg Jesu, auch sein Leiden und Sterben, mit neuen Augen.
Sie sehen, wie Gott immer wieder bei den Schwachen und Ohnmächtigen war.
So ahnen sie Stück für Stück, dass am Kreuz nicht die Hoffnung gestorben ist.
Das, was sie mit Jesus erlebt haben, Teil einer viel größeren Geschichte ist.
Und sie spüren, dass da gerade etwas Außergewöhnliches geschieht.

Später beschreiben sie es: »Brannte nicht unser Herz in uns?«

Jetzt vergeht die Zeit wie im Flug.

IV. Am Ziel

Und schließlich sind sie an ihrem Ziel.
Sie laden den Fremden ein, über Nacht bei ihnen zu bleiben.
Es tut so gut, mit ihm zusammen zu sein.
Fast wie mit Jesus.
Sie setzen sich mit ihm zu Tisch.

Jetzt passiert das, was alles verändert:
»Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, dankte, brach’s und gab’s ihnen. Da wurden ihre Augen geöffnet, und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen.«

Alles passiert gleichzeitig:
Der Fremde spricht das Dankgebet über dem Essen.
Und er ist kein Fremder mehr, sondern Jesus.
Und schon ist dieser flüchtige Moment vorbei und Jesus ist nicht mehr zu sehen.
Doch die Erkenntnis, das Erkennen, es bleibt.

Das, was vorher war, erscheint in neuem Licht und sie wissen nun:
Er ist wahrhaftig auferstanden!

Gerade waren sie verzweifelt und enttäuscht und ratlos.
Doch nun:
Neue Hoffnung gibt ihnen neue Kraft.

Sie sind begeistert und fröhlich.
Es war nicht sinnlos, dass Jesus am Kreuz gestorben ist.
Jetzt fügt sich alles zusammen:
das, was Jesus getan und gesagt hatte, als er mit ihnen in Galiläa und nach Jerusalem unterwegs war;
das Leiden und Sterben von Jesus;
die Berichte vom leeren Grab;
dann auch das Gespräch mit dem Fremden auf dem Weg
und jetzt, ganz neu, die Gewissheit, dass etwas Neues angefangen hat.

Jesus lebt!

Die beiden Jünger rennen zurück nach Jerusalem, um den anderen davon zu erzählen.
Wir sehen sie wieder auf der Straße.
Diesmal nicht mit hängenden Köpfen.
Auch der Staub ist egal.

Sie wollen ihre Erfahrung mit den anderen teilen.
Er ist wahrhaftig auferstanden!

Irgendwie geht es dann ein bisschen seltsam weiter:
Sie sind kaum zur Tür hinein, völlig außer Atem, da schallt es ihnen schon entgegen:
»Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und Simon erschienen!«
Und sie stimmen in den Jubel ein und erzählen aufgeregt von ihrer eigenen Erfahrung: »Wir haben ihn erst gar nicht erkannt, aber dann, als er das Brot geteilt hat, da war alles klar – ja: Der Herr ist wahrhaftig auferstanden!«

V. Friede sei mit euch

Ach, wenn wir doch damals auch dabei gewesen wären bei diesem ersten Osterfest.
Oder wenn uns Jesus heute so begegnen würde – dann wäre das viel leichter mit der Osterfreude.
Mit dem Osterglauben.
Und überhaupt alles.

Wahrscheinlich würde er uns dann auch Toren, Dummköpfe nennen.
Weil wir ihn selbst sehen wollen.
Aber das wäre es wert.
Die Jünger haben ihren Osterglauben ja auch nicht gefunden, als Jesus ihnen die Bibel erklärt hat.
Da brannte zwar schon ihr Herz, aber erst, als ihnen beim Essen die Augen geöffnet wurden, da haben sie’s begriffen.
Da wurde ihnen klar, dass Jesus schon die ganze Zeit da war.
Sie wussten: Er ist wahrhaftig auferstanden!

Doch wir sind nicht dabei gewesen.
Wir hören auf die Begeisterung der Jünger und wir vergewissern uns in unseren Zweifeln gegenseitig:
Ja, er ist wahrhaftig auferstanden!

Und wir erinnern uns an den Weg der traurigen Jünger:
Mitten in ihrer Trauer war Jesus schon mit ihnen unterwegs, auch wenn sie ihn nicht erkannten.
Er hat ihnen geholfen, zu begreifen.
Schon auf dem Weg mit ihm haben sie Trost gespürt und neue Hoffnung. Ihre Herzen brannten.

Und schließlich gab es den Moment, in dem alles klar war, – in dem die himmlische Wirklichkeit sichtbar wurde.

Solche Momente gibt es – auch heute noch.
Aber wir können sie nicht machen.
Sie sind Geschenk.
Ihnen wurden die Augen geöffnet.
Er ist da, unter uns.
Davon erzählt eindrücklich das Ende unserer Geschichte –
zugleich der Anfang eines neuen Abschnitts:

»Als sie aber davon redeten, trat er selbst mitten unter sie und sprach zu ihnen: Friede sei mit euch!«

Lukas 24,36

Darauf läuft alles hinaus:
Wo wir in seinem Namen zusammen sind – traurig oder fröhlich, zweifelnd oder begeistert – da kommt er dazu.
Wenn wir miteinander Gottesdienst feiern oder zum Abendmahl zusammenkommen, wenn wir im Gespräch untereinander auf ihn blicken oder im stillen Gebet: Er ist wahrhaftig unter uns!

Er tröstet, er klärt auf, er weist zurecht und manchmal öffnet er uns für einen Moment die Augen und wir erkennen:

Es ist wahr, er ist wahrhaftig auferstanden!

Halleluja!  

Amen.

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