Antikes Fundraising – Predigt zu 2. Korinther 9, 6–15
Taufgottesdienst in Beuren 03.10.2021
Hören wir auf unseren Predigtstext aus dem 2. Brief an die Korinther 9, 6-15
Seltsamer Predigtext
Als ich den Text gelesen habe, da dachte ich:
Ist das nicht ein furchtbarer Predigttext?
Und dann auch noch für einen Tauf-Gottesdienst.
Was für ein Durcheinander. Was will uns denn der Paulus da sagen?
Das Einzige, was bei mir hängen geblieben ist, war der Satz: „Wer fröhlich gibt, den hat Gott lieb.“
Ich mag es nicht, wenn so getan wird, wie wenn Gottes Liebe durch Spenden erkauft werden könnte.
Und soviel ist schon mal klar: Hier handelt es sich um einen Spendenaufruf.
Paulus betreibt also Fundraising.
Als Paulus diesen Brief an die Korinther schrieb, litten die Gläubigen in Jerusalem unter Verfolgung. Das wirkte sich auch auf ihre finanzielle Situation aus. Sie hatten nicht genug und deswegen forderte Paulus die Gläubigen in Korinth auf, ihnen etwas von ihrem Geld abzugeben, um die armen Geschwister im Glauben zu unterstützen.
Aber ehrlich, warum muss Paulus da erst dreimal um den heißen Brei herumschleichen? Sozusagen von hinten durch die Brust ins Auge?
Ich wollte schon den Text weglegen und einen anderen Predigttext aussuchen, der weniger beschwerlich ist und auch besser zu einer Taufe passt. Eigentlich gehört er ja auch zu einem Erntedankgottesdienst. Aber ich habe mich noch einmal hingesetzt und den Text ein paar mal durchgelesen.
Auf einmal ist mir etwas aufgefallen.
Ja, es gibt dieses Durcheinander der Gedanken.
Und es gibt Worte wie „spärlich“, „widerwillig“, „Unwillen“ und „Zwang“, die eine negative Aura verbreiten.
Aber es gibt auch eine ganze Menge anderer Worte:
Fröhlich, lieb, reichlich, voll, gut, mehren, wachsen, reich, Früchte ernten, danken, überschwänglich, …
Das hört sich doch ganz anders an.
Das klingt positiv und vielversprechend.
Wie kommt es, dass so viele wunderschöne Worte in diesem seltsamen Predigtext stehen?
Vielleicht ist das eigentliche Thema des Textes ja gar nicht das Geld, die Spenden, die Kirchensteuer ….
Vielleicht ist das eigentliche Thema des Textes: Die Lust am Leben.
Lust am Leben – wie das?
Zuerst geht es wohl nicht darum, dass wir zum Geben aufgefordert werden und das gefälligst auch noch fröhlich zu tun haben.
Denn das geht gar nicht!
Der eigentliche fröhliche Geber ist doch eher Gott.
Diese schönen Worte stehen für den großen Überfluss, den Gott uns geben will.
Wir können uns darauf verlassen, dass Gott reichlich gibt. Dadurch wird der Text ein echter Predigttext für Erntedank und eben auch für Taufen.
Ich glaube, dass es praktisch in allen zentralen Texten der Bibel genau darum geht:
Gott ist ein Liebhaber des Lebens.
Darum will er, dass wir auch Lust am Leben haben, dass es uns gut geht.
Darum können wir mit der Taufe von Kindern der Welt ein Zeichen geben, dass die Liebe Gottes uns geschenkt wird. Gott möchte mit uns sein, ohne dass wir uns seine Liebe erarbeiten, ohne dass wir sie uns verdienen müssen.
Natürlich weiß die Bibel, ebenso wie auch Paulus, dass das nicht immer so einfach ist.
Es gibt so viel in unserem Leben, das uns die Lust am Leben vermiesen kann.
Dafür stehen die Worte „kärglich“, „Unwillen“, „Zwang“.
So manches saugt uns die Kraft aus, wie ein Vampir.
So manches ist ungerecht, schwer, und geht über unsere Kraft.
Manchmal fühlen wir uns ausgelaugt, leer und ausgetrocknet.
Eine Taufe erinnert uns daran, dass es auch diese andere Seite gibt.
Es gibt nicht nur Schweres, sondern auch das, was uns die Lust am Leben geben kann.
Sozusagen das Wasser, das uns zum Blühen bringen kann.
- Liebe – dass es Menschen gibt, die uns lieben.
- Friede – auch mit uns selbst und mit anderen Menschen
- Zufriedenheit – das Glas ist halb voll; auch wenn es manches gibt, was es leer machen will.
- Dankbarkeit – es lohnt sich darüber nachzudenken, wofür ich dankbar sein kann.
- Freude – wenn und Freude begegnet, dass wir sie wahrnehmen. Bein Feiern – wenn wir Familienfeste feiern, wie heute die Taufen.
- Früchte – auch das ist nicht immer offensichtlich, aber meist kommt etwas davon zurück von dem, was wir der Welt, den Menschen um uns geben Im Beruf, in der Familie, bei Freunden und auch bei Fremden.
- Kinder – die uns immer wieder zum Lachen bringen, die uns ohne Vorbehalt lieben, die uns zeigen, wie unbeschwert das Leben sein kann
Alle diese wunderschönen guten Worte sind doch wie Bestandteile eines Segens.
Segen ist die Lust am Leben
Schließlich ist mir ein des Teil des ersten Satzes in Auge gefallen: „Wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen.“
Oder anders ausgedrückt: Der Segen Gottes für uns ist die Lust am Leben.
Ja klar, das ist nicht immer spürbar. Aber wir können daran festhalten in Glauben und Hoffnung.
Wir müssen nicht aufgeben.
Wir müssen nicht auf den Scherben unseres Lebens sitzen bleiben.
Gott wird seinen Segen über uns ausschütten. Das ist was er will.
Das wirkliche Leben, die Fülle mitten in unserem Alltag. Den Segen für alles Arbeiten, Schaffen und Mühen. Den Segen der Kinder.
Eben letztlich die Lust am Leben.
So kann auch eine Taufe ein wirkliches Fest des Dankes , ein Erntedankfest sein.
Ein Fest über ein neues Leben und die vielen anderen Dinge, die unser Leben so reich machen.
Dank sei Gott für seine Gabe, die so unbeschreiblich groß ist.
Amen
- Klagen erlaubt
- Meine eigene kleine Hölle – Predigt zu Jesaja 38,10-20