Es war einmal.
Predigt über Hebräer 12, 12-25 am 14.01.2024 in der Altenrieter Sankt Ulrich Kirche
Es war einmal.
In den Erzählungen der Alten.
Der Großeltern und Urgroßeltern.
Alles, was weitergegeben wurde, haben sie selbst nicht erlebt.
Die Geschichte vom Grab.
Den Frauen.
Thomas, der Jesu Wunden berührte.
Als Jesus das Brot mit brach und gen Himmel verschwand.
Es war doch einmal da.
Das Feuer, die Liebe und die Vorfreude.
Im Herzen noch die Worte: „Ich komme wieder.“
Das Miteinander.
Das Brotbrechen und Weintrinken.
Das Beten und Singen.
Das Lesen der Worte und Erzählen, was Jesus gemacht hatte.
Kranke gesund.
Blinde sehend.
Mit denen gegessen, die am Rand standen.
Schwache geschützt.
Und Unrecht beim Namen genannt.
Sie war da.
Die Überzeugung, dass der neue Weg der richtige ist.
Doch nach und nach starben sie.
Die, die das selbst erlebt hatten.
Die Veränderung.
Und die heißen Wangen.
Die Freude und die Gewissheit: Jesus ist auferstanden.
So blieben nur die Überlieferungen.
Worte, Texte und Briefe.
Sie bleiben, doch sie selbst sind müde.
Einer schreibt an die gesamte Gemeinde.
Er nennt sich Paulus.
Wie er wirklich heißt, weiß niemand.
Es könnte auch Pauline gewesen sein
Einer schreibt.
Mit Papyrus und Feder.
An müde Menschen.
Und enttäuschte Seelen.
Hören wir auf unseren Predigttext aus dem Brief an die Hebräer, Kapitel 12
12 Darum stärkt die müden Hände und die wankenden Knie 13 und tut sichere Schritte mit euren Füßen, dass nicht jemand strauchle wie ein Lahmer, sondern vielmehr gesund werde.
14 Jagt dem Frieden nach mit jedermann und der Heiligung, ohne die niemand den Herrn sehen wird, 15 und seht darauf, dass nicht jemand Gottes Gnade versäume; dass nicht etwa eine bittere Wurzel aufwachse und Unfrieden anrichte und viele durch sie verunreinigt werden; 16 dass nicht jemand sei ein Hurer oder Gottloser wie Esau, der um der einen Speise willen, sein Erstgeburtsrecht verkaufte.
17 Ihr wisst ja, dass er hernach, als er den Segen ererben wollte, verworfen wurde, denn er fand keinen Raum zur Buße, obwohl er sie mit Tränen suchte.
18 Denn ihr seid nicht zu etwas gekommen, das man anrühren konnte und das mit Feuer brannte.
22 Sondern ihr seid gekommen zu dem Berg Zion und zu der Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, und zu den vielen tausend Engeln und zur Festversammlung 23 und zu der Gemeinde der Erstgeborenen, die im Himmel aufgeschrieben sind, und zu Gott, dem Richter über alle, und zu den Geistern der vollendeten Gerechten 24 und zu dem Mittler des neuen Bundes, Jesus, und zu dem Blut der Besprengung, das besser redet als Abels Blut. 25 Seht zu, dass ihr den nicht abweist, der da redet. Denn wenn jene nicht entronnen sind, die den abwiesen, der auf Erden den Willen Gottes verkündete, wie viel weniger werden wir entrinnen, wenn wir den abweisen, der vom Himmel her redet.
Das wünsch ich mir für 2024:
Ein Teller mit Kartoffeln und Grünkohl.
Oder ein Teller Suppe.
Ein Platz am Ofen und ein warmes Bett.
Ein Bad mit Schaum bis an die Decke.
Und ein Abend zu Zweit.
Ein Telefonanruf, nachts um zwei.
Sport allein und mit anderen.
Ein Spaziergang und das Buch auf der Coach.
Einfach mal abhängen und nichts tun.
Und ich erinnere mich.
Es war einmal.
Das Feuer.
Die Gewissheit und Kraft.
Die Zuversicht und das Wissen, was richtig und was falsch ist.
Was die Lebensgeister weckt.
Mir den Kopf zurechtrückt.
Und meine Batterie wieder auffüllt.
Es war einmal.
Da wurden blühende Landschaften versprochen.
Ein Weg aus dem Elend.
Aus Arbeitslosigkeit und Hunger.
Worte an müde Menschen und enttäuschte Seelen.
Zum Lesen und Hören.
Es war einmal.
Da wurde an „früher“ erinnert.
An irgendeine Überlieferung.
Gespickt mit Worten, die Kraft geben sollten.
Und die Hände stärken.
Worte von Volk und Heimat und Blut.
Davon besonders zu sein.
Es war einmal.
Und trotzdem habe ich das Gefühl, dass sich die Geschichte wiederholt.
Todes Gelände anstelle blühender Landschaften.
AfD und Rechtsextreme treffen sich.
Das Haus am Wannsee ist in der Nähe.
Fast wäre ihr Plan geheim geblieben.
Auch sie stärken Hände und Knie.
Remigration wollen sie.
12 Millionen sollen Deutschland verlassen.
Auch diesen Plan gab es schon einmal.
Und er heißt Deportation.
12 Darum stärkt die müden Hände und die wankenden Knie
13 und tut sichere Schritte mit euren Füßen, dass nicht jemand strauchle wie ein Lahmer, sondern vielmehr gesund werde.
14 Jagt dem Frieden nach mit jedermann und der Heiligung, ohne die niemand den Herrn sehen wird, 15 und seht darauf, dass nicht jemand Gottes Gnade versäume; dass nicht etwa eine bittere Wurzel aufwachse und Unfrieden anrichte und viele durch sie verunreinigt werden; 16 dass nicht jemand sei ein Hurer oder Gottloser wie Esau, der um der einen Speise willen sein Erstgeburtsrecht verkaufte.
Es ist 2024.
Und ich erinnere mich.
An das Feuer der Alten.
Die Erwartung.
Das Miteinander.
Brotbrechen und Weintrinken.
Ohne Oben und Unten.
Die Gewissheit: es soll anders werden.
Und: er wird wieder kommen.
Der Versuch es anders zu machen.
Mit Vernunft und Herz. Liebe und Verstand.
Es ist 2024.
Und es ist Krieg.
GDL und Landwirt:innen streiken.
Rechte Parolen und menschenverachtendes Denken versuchen sich breit zu machen.
Gewalt und die Suche nach Sündenböcken.
Es ist 2024.
Und es gibt die, die frisches Grün säen wollen.
Die dem Frieden nachjagen.
Die meinen, dass ein Menschenleben unantastbar ist.
Und alle gleich sind.
Dass es nur eine Erde gibt und nicht noch eine zweite oder dritte.
Bahnfahren und Milch bezahlbar sind
Dass Lokführer:innen und Landwirt:innen leben können.
Dass die Erde uns und unsere Wünsche aushält.
Wir uns zuhören und ausreden lassen.
Miteinander statt Gegeneinander.
So wie es überliefert wird.
Jahr um Jahr.
„Friede auf Erden“
Damit sich die böse Wurzel nicht breit macht.
Groß wird.
Und das Gute erstickt.
Einer schreibt einen Brief.
Oder Eine.
Weil Menschen eben müde werden können.
Das Feuer erlischt.
Die Kraft fehlt und die Ausdauer.
Erinnerungen verblassen – an das Gute.
Und an das Böse.
12 Darum stärkt die müden Hände und die wankenden Knie 13 und tut sichere Schritte mit euren Füßen, dass nicht jemand strauchle wie ein Lahmer, sondern vielmehr gesund werde.
14 Jagt dem Frieden nach mit jedermann und der Heiligung, ohne die niemand den Herrn sehen wird, 15 und seht darauf, dass nicht jemand Gottes Gnade versäume; dass nicht etwa eine bittere Wurzel aufwachse und Unfrieden anrichte und viele durch sie verunreinigt werden;
16 dass nicht jemand sei ein Hurer oder Gottloser wie Esau, der um der einen Speise willen sein Erstgeburtsrecht verkaufte.
Ins neue Jahr,
Ins Fremde und Wilde.
Dort, wo wir verloren sind und gefunden werden.
Wo wir nichts wissen und alles.
Dorthin führe uns, Ewiger Uns und deine ganze Kirche.
Die sicheren Zeiten sind vorbei.
Die einfachen Antworten tragen nicht.
Das Leben und Menschen schlugen uns Wunden.
Aber du bist uns gnädig.
Du bleibst, wenn alles vergeht.
Halt die Hand über uns.
Über deiner Gemeinde
und allen Hebräer:innen dieser Welt.
Fürs neue Jahr wünsche ich uns:
Pause machen.
Nachdenken.
Luftholen.
Zugeben, dass es gerade nicht geht.
Sich abwechseln und tragen lassen.
An die Gewissheit der Frauen am Grab erinnern.
Die Hoffnung aus früheren Tagen wieder finden.
Sich gegenseitig erinnern. An das, was gut ist und dem Leben dient.
Nachdenken, bevor ein Kreuz an der falschen Stelle gemacht wird,
Nachdenken, bevor eine Polizeisperren durchbrochen wird.
Nachdenken bevor Worte fallen, die zur bösen Saat werden.
Dass wir reden und handeln.
Gemeinsam.
Bevor es zu spät ist.
Amen.
- Alles hat seine Zeit
- Dellen, Sprünge und Risse